Als Geldfälscher in der Mühle waren

Das Gelände rund um die Tüschebachsmühle in einer Ansicht aus dem Jahr 1914

Seit Ende April 2015 ist das beliebte Ausflugslokal Tüschebachsmühle in Niederfischbach nur noch eine Brandruine. Ein Großbrand verwüstete „Haus Tüschebach“. Völlig. Das Haus Tüschebach mit dem idyllischen Weiher war seit Jahrzehnten beliebtestes Ausflugsziel in der Region. Das Anwesen schaut auf eine bewegte Historie bis ins 12. Jahrhundert zurück.

Einst war die Mühle sogar ein Tatort und fand im 19. Jahrhundert Eingang in die deutsche Gerichtsgeschichte. Zwischen 1860 und 1879 beherbergte sie eine große Falschmünzerbande; mehrere der Bandenanführer wurden mit ihren gefälschten Münzen zu Millionären. 1880 wurden die Bandenmitglieder vom Königlichen Preußischen Landgericht in Neuwied zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt.

Zur umstrittenen Ehrenrettung sollte man allerdings erwähnen, dass ein Gutachter der Berliner Königlichen Münzdirektion den Niederfischbacher Fälschern ein dickes Lob aussprach: Das Gutachten stellte fest, dass Meister des Faches am Werk gewesen waren. Noch nie seien so täuschend ähnliche und auch so vollkommene Münzen des „Friedrich d’or“ nachgemacht worden, wie es die Falschmünzer bewerkstelligt hatten. Der „Friedrich d’or“ – „d’or“ steht in der französischen Sprache für Gold – ist eine preußische Goldmünze. Sie hatte im 19. Jahrhundert einen Nominalwert von fünf silbernen preußischen Reichstalern (auch Pistole genannt). Die Berliner Münzdirektion prägte das vom Staat herausgegebene Goldstück zwischen 1741 und 1855. Den Namen leitete man von Friedrich dem Großen ab.

Von der Verhandlung vor dem Neuwieder Gericht im Jahr 1880 ist einiges überliefert. Demnach war es Johann Walkenbach aus Wals (Solingen) an einem Sonntag während der Fischbacher Kirmes 1858 gelungen, einige Fischbacher Männer zu überzeugen, mit ihm gemeinsame Sache zu machen. Er versprach ihnen, ganz schnell reich zu werden. Er sei überaus kundig in der Falschgeldherstellung, erklärte er ihnen. Johann Walkenbach ließ so manches Bier kommen und fragte dabei die Leute aus, ob sie nicht ein Gebäude kennen würden, das etwas abseits steht, damit der bei der Geldherstellung anfallende Lärm nicht bemerkt werden würde. Sie alle wurden noch am selben Tage Freunde und beschlossen, reich zu werden. Nach einer Besichtigung der mittelalterlichen Tüschebachsmühle hielt Walkenbach den Ort für sehr angemessen. Da man Müller Schnell 1848 den ursprünglich adligen Grundbesitz in den preußischen Revolutionswirren enteignet hatte, fehlte dem Müller das Weideland fürs eigene Vieh, und mahlen durfte er auch nicht.

Der Friedrich d’or oder Friedrichsdor, benannt nach Friedrich dem Großen, ist eine preußische Goldmünze im Nominalwert von 5 silbernen preußischen Reichstalern, die zwischen 1741 und 1855 geprägt wurde.

Der Müller war daher bereit mitzumachen. Walkenbachs neue Freunde, bisher als Korbflechter und Besenbinder hausierend unterwegs, betätigten sich nun als Altwarensammler. Sie beschafften unauffällig alte oder schadhafte Kupferkessel, Zinnteller und Zinnleuchten. Walkenbach besorgte das silberglänzende Halbmetall Antimon, Blei und Bronze. Er besaß schon die entsprechenden Prägestöcke und Druckplatten. Bald fand die Bande auch die richtige Legierung für die preußische Goldmünze. Sie musste ein Gewicht von 6,03 Gramm haben. Die echte Pistole bestand aus 21-karätigem Gold.

Die Bande entwickelte für den Absatz der gefälschten Münzen ein weitverzweigtes Verteilernetz. Den größten Teil der Falschmünzen vertrieb ein Kaufmann aus dem Freudenberger Stadtteil Hohenhain. Er reiste die ersten Jahre über Olpe nach Münster oder ins Holländische und erzielte einen zufriedenstellenden Absatz. Sieben Jahre lang florierte der Absatz des Falschgeldes; am 17. Juni 1867 aber wurde der Hohenhainer Hehler von der Polizei geschnappt. Die Polizei setzte ihn fest in einer kleinen Gemeinde nahe der „Kölsche Heck“, wie im Volksmund die ehemalige kurkölnische Landesgrenze zum Siegerland genannt wurde. Allzu großspurig war der vermeintliche Kaufmann mit seinem prallen Geldsack aufgetreten. Wegen des Besitzes der falschen Münzen wurde er zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt. Er verriet weder die Falschmünzerwerkstatt bei Niederfischbach noch die Hintermänner.

In der Tüschebachsmühle ging daher das Fälschen munter weiter. Die Bande münzte bis Weihnachten 1867 auf Vorrat und schickte nunmehr den wieder aus der Haft entlassenen Mann in Richtung Hannover. Der Erfolg blieb nicht aus. Die Geldfälscher wurden innerhalb von 19 Jahren sehr reich aber auch unvorsichtig. Sie begingen den Fehler, im Umkreis von Tüschebachsmühle das Geld förmlich aus dem Fenster zu werfen. Teilweise wurden die ehemaligen Besenbinder und Hausierer eitel. „Sie kleideten sich wie Stutzer…“, sagte ein Zeuge vor Gericht aus. Ihre Kleidung wirkte nicht nur auf die ehrlichen Dorfbewohner immer übertriebener. Auch der Kirchener Gendarm Schiwara hegte Verdacht, fand aber keine Handhabe zum Einschreiten.

Erst ein vertraulicher Hinweis von Insidern an den Wissener Amtsbürgermeister führte an Heiligabend des Jahres 1879 zur Verhaftung von zwei Mitgliedern der Falschmünzerbande. Beide jungen Männer stammten aus schlecht beleumundeten Familien. Im Verhör stellte sich heraus, dass Müllermeister Schnell ebenfalls ein Geldfälscher war und die Bande über ein weitverzweigtes Verteilernetz verfügte. Noch vor Silvester 1879 wurde die Falschmünzerbande in der Mühle ausgehoben, die zahlreichen Hehler nach und nach ebenfalls inhaftiert. Die spätere Schwurgerichtsverhandlung dauerte mehrere Wochen, auch wegen der hohen Anzahl an Zeugen und Angeklagten, die zu hören und zu vernehmen waren. Die Mitglieder wurden zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt.

Quelle: RZ Altenkirchen, Betzdorf vom Mittwoch, 4. Februar 2015