Ortsbürgermeister Matthias Otterbach tritt nach 20 Jahren ab

Matthias Otterbach am Schreibtisch in der Gemeindeverwaltung. Er freut sich auf mehr Zeit für Familie und Hobbys. Foto: nb

„Mit zwei lachenden Augen“  – Vorfreude auf mehr selbstbestimmte Zeit

Von „Spaß“ könne man in dem Geschäft nicht reden – aber er bereue die Zeit nicht

Niederfischbach. Anfänglich ist er da eigentlich „mehr so reingerutscht“ – am Ende standen 20 Jahre als Ortsbürgermeister. Damit kann Matthias Otterbach von den „Orts-Chefs“ der Region, die bei der Wahl am Sonntag nicht mehr antreten, auf die längste Dienstzeit verweisen.

So ganz von der lokalen Politik kann Matthias Otterbach nicht lassen, sein Name taucht schließlich auf der Liste der Christdemokraten für den Ortsgemeinderat und den Verbandsgemeinderat Kirchen auf, aber klar ist auch: Das Leben des ehemaligen Finanzbeamten wird ein gutes Stück anders aussehen. Keine täglichen Termine mehr, weniger „fremdbestimmt“ – dafür Zeit, um vielleicht mal wieder den Pinsel in die Hand zu nehmen, vielleicht in die Föschber Historie einzutauchen und definitiv, um mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. „Ohne meine Frau, meine Familie hätte das nicht funktioniert“, unterstreicht Otterbach im Gespräch mit der SZ, in dem er auf die vergangenen zwei Dekaden zurückblickt. Und funktioniert hätte es selbstredend auch nicht ohne ein funktionierendes Team und prägende „Lehrmeister“, z.B. den ehemaligen Wirtschaftsförderer Werner Becker.

Seit 1994 saß der gebürtige Niederfischbacher als CDU-Fraktionssprecher im Rat. 1999 dann die Wahl zum Ortsbürgermeister. Mehrere Konkurse großer Firmen prägten die damaligen Jahre. In den Wahlkampf ging die CDU – Gegenkandidat war Franz Schwarz – mit den Ideen für ein Altenheim und einen Supermarkt auf dem Sonesson-Gelände.

„Das Thema haben wir gekocht“, sagt Otterbach rückblickend. Ob Wahlkampf oder die Arbeit im Ortsgemeinderat: Damals sei es noch richtig zur Sache gegangen.

Das Verhältnis zu seinem SPD-Vorgänger Ewald Heckner beschreibt Otterbach aber als freundschaftlich – sogar gemeinsame Urlaube verbrachten die Familien: „Da spielte Parteipolitik keine Rolle.“

Als Matthias Otterbach dann seinen ersten Wahlsieg in der Tasche hatte, sei sein Gedanke gewesen: „Jetzt hast du was angezettelt, jetzt musst du auch liefern.“

Und mit der Entwicklung der großen Industriebrachen im Ort gab es gleich genug, was es in Niederfischbach anzugehen galt. Nun schließt sich quasi der Kreis, wurde doch in der letzten Sitzung der Legislaturperiode nach einer turbulenten Sitzung das Großprojekt Umgestaltung Kirchenumfeld (im Rahmen des Förderprogramms „Ländliche Zentren“) auf den Weg gebracht. In diesem Fall gegen die Stimmen der Sozialdemokraten.

Ja, es habe einige „dicke Sachen“ gegeben, wo sich die CDU durchgesetzt habe, sagt der scheidende Ortsbürgermeister und kann, das liegt in der Natur der Sache, ein Lächeln nicht ganz verbergen. Zugleich betont er aber auch, dass in den vergangenen Jahren viele Beschlüsse einstimmig gefallen seien. Und – „das Einzige, worauf ich ein bisschen stolz bin“: Die Negativ-Schlagzeilen aus Föschbe seien ziemlich schnell Geschichte gewesen. Der Ton in der örtlichen Politik sei ein anderer geworden. Feinde hätte er sich über die Zeit ebenfalls gemacht, aber damit könne er leben.

Dass die politische Arbeit keineswegs in Schwarz-weiß-Kategorien einzuordnen ist, das scheint bei Otterbachs Erinnerungen an die vergangenen Dekaden immer wieder durch. Da sind die Erfolge, die in seine Zeit gefallen sind: Zuvorderst der Asdorftal-Radweg, dann die Sanierungen beider Turnhallen, die Umsiedlung der Grundschule auf den Rothenberg, die Friedhofssanierung, der Bürgerpark nebst Brücke über die Asdorf, die Reaktivierung von Industriebrachen oder das neue Wirtschaftgebäude für den Tierpark. Dazu die Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen und die Fördermittel, die ins Asdorftal geflossen seien.

Doch nach dem Spaß an der Sache gefragt, findet der 63-Jährige deutliche Worte: „Wer behauptet, in dem Geschäft Spaß zu haben, der lügt.“ Da sei vielmehr das Gefühl, etwas erreicht zu haben. Aber: Jede Lösung werfe sofort wieder neue Fragen auf.

Dass es eine allgemeine Politikverdrossenheit bei den Bürgern gibt, möchte Otterbach nicht so stehenlassen. In 90 Prozent der Fälle regten sich die Menschen über „Sachen vor Ort“ auf, die nicht rundlaufen würden.

Und wenn es ums „Nicht-Rundlaufen“ geht und wer dafür verantwortlich zeichnet, ist von Altersmilde nichts zu spüren. „Fachidiotismus“ und „erbsenzählerisches, kleinteiliges Zuständigkeitsdenken“ bei so mancher Behördenentscheidung kann Otterbach nach wie vor auf die Palme bringen. Mal über den Tellerrand schauen, „vernetztes Denken“ – das sei inzwischen fast weggebrochen: „Das hat mich in den letzten Jahren mürbe gemacht.“

In Richtung Bürger ist dann sein Appell gerichtet, sich zu informieren – das machten viele nicht mehr, auch wenn das so einfach sei wie nie zuvor. „Fragt: Wie funktioniert meine Lebenswelt?“, fordert Otterbach.

Matthias Otterbachs Gesamtbilanz der letzten zwanzig Jahre fällt dann ebenfalls weder schwarz noch weiß aus, sondern so, wie es nach einer langen Dienstzeit erwartbar ist: „Ich gehe mit zwei lachenden Augen“, sagt er. Und: „Ich hab’ es nicht bereut, die Geschichte.“

Autor: Nadine Buderath – Siegener Zeitung